Forschungsschwerpunkt

Die ColoPredict Plus 2.0 Registerstudie

Das molekulare Register Colopredict Plus 2.0 – eine Plattform zur Target-Identifizierung und für die Präzisionsonkologie beim frühen Kolonkarzinom

Durch die enge Zusammenarbeit der angebundenen onkologisch tätigen Kliniken mit dem Institut der Pathologie sind innerhalb der letzten Jahre Strukturen entstanden, die einen wesentlichen Beitrag zur Translation von Forschung in klinische Projekte leisten.

Zentrales Projekt der klinischen und translationalen Forschung ist die nicht-interventionelle, multizentrische Colopredict Plus 2.0 Registerstudie. Das Register wird durch das Institut für Pathologie, Frau Prof. A. Tannapfel, geleitet und mit der Onkologie gemeinsam koordiniert (Prof. A. Reinacher-Schick). Das Projekt wurde 2013 gestartet und konnte bislang über 5000 Patienten einschließen. Mittlerweile konnte das zunächst regional gestartete Register national ausgeweitet werden und umfasst derzeit 175 aktiv rekrutierende Darmkrebszentren im ganzen Bundesgebiet. Neben der Ansammlung, Analyse und Lagerung von Tumorgewebeproben erfasst das Register Basischarakteristika und den klinischen Verlauf über 5 Jahre.

Aufgrund der erfolgreichen Rekrutierung und der neuen Möglichkeiten der Präzisionsonkologie wurde die Studie 2018 auf perspektivisch 200 Zentren und 8000 Patienten erweitert. Neu hinzugekommen ist die Etablierung einer Biobank für Blutproben, mit Hilfe derer neue prognostische und prädiktive Marker sowohl aus dem Gewebe als auch aus dem Blut identifiziert und validiert werden sollen.

Die Registerstudie dient darüber hinaus der Erfassung der aktuellen Behandlungs- und Versorgungsrealität in Deutschland, mit Fokus auf die Darmzentren der Deutschen Krebsgesellschaft und trägt so perspektivisch zur Verbesserung der Behandlung bei Darmkrebspatienten in der gesamten Region und national bei.

 

Hieraus entstandene Publikationen:

Reinacher-Schick et al., Ann Oncol 2018 Suppl.

Nöpel-Dünnebacke et. al, Z Gastroenterol. 2020 Jun;58(6):533-541

Nöpel-Dünnebacke et al, Ann Oncol Suppl. 4, S415, Sep 01 2020

 

Mit explorativer Zielsetzung wird darüber hinaus untersucht, ob sich molekulare Prognose-Signaturen für Patienten in den angeführten Stadien identifizieren lassen, die eine bessere Vorhersage zur entitätsspezifischen Mortalität sowie zum Behandlungserfolg ermöglichen. Dies geschieht in Kooperation mit der Biophysik und den Proteomwissenschaften sowie in enger Zusammenarbeit mit der experimentellen Pathologie in ProDi sowie der Bioinformatik in ProDi. Zur Analyse der Patientengewebeproben wird Next-Generation Sequencing (NGS) mit einem auf Kolonkarzinome gezielt abgestimmten Panel eingesetzt (aktuell Quiagen HCCP Panel mit 96 Genen). Hierdurch können Patienten anhand von bestimmten genetischen oder anderen molekularen Tumoreigenschaften für mögliche weiterführende Therapiestudien identifiziert werden. Parallel wird der ergänzende Aufbau einer Liquid Biopsy Biobank vorangetrieben.

Dies ermöglicht uns die aktive Teilnahme an der Planung weiterer kooperativer nationaler (über die Arbeitsgemeinschaft für internistische Onkologie (AIO) in der Deutschen Krebsgesellschaft) und internationaler Projekte wie die Kooperation mit der ALLIANCE und die geplante Kooperation mit der britischen FOxTROT-Gruppe

Weitere Projekte der Grundlagenforschung finden insbesondere in Zusammenarbeit mit dem Institut für Pathologie in ProDi statt.

Das Colopredict Register stellt somit mittlerweile eine ideale Screening-Plattform für laufende und geplante interventionelle Therapiestudien nach AMG dar und bietet so eine optimale Infrastruktur im Zeitalter der Präzisionsonkologie und der Behandlung der „kleinen Gruppen“, also der durch molekulare Marker definierten Subgruppen an Patienten, die teilweise nur wenige Prozent des Gesamtkollektivs ausmachen. Die Studienaktivität wird in Kooperation mit der AIO in der Deutschen Krebsgesellschaft durchgeführt sowie in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Darmzentren ADDZ. Diese innovative zentrale Screening-Möglichkeit ist bis heute einmalig und wird voraussichtlich in Zeiten der immer kleineren Subgruppen und zielgerichteter Therapieansätze innerhalb einer Tumorentität nicht nur eine bessere zeitliche Planung klinischer Projekte, sondern auch eine gezielte Zuweisung von Patienten zu den entsprechenden Studien ermöglichen.

Unsere Überzeugung ist es, dass durch die strukturierten und standardisierten Abläufe in Qualität (u.a. Analysemethoden, zentrale Eignungsscreening, Verifizierung der Diagnose) und Quantität der Rekrutierung erhebliche Fortschritte zu verzeichnen sein werden. Auch eine Reduktion vermeidbarer Kosten ist wahrscheinlich (z.B. redundante Analysen, Datenerfassung etc.) und wird somit auch die Durchführbarkeit von Untersuchungen verbessern.

Nicht zuletzt sollen sich für zukünftige Studien auch regulatorische Hürden, wie z.B. vertragliche Aspekte durch die bereits existierenden Netzwerke verringern und eine zeitlich raschere und unkompliziertere Umsetzung von Projekten ermöglichen. Durch die aktuelle medizinische Entwicklung der immer differenzierteren Therapieoptionen wird die Struktur der Colopredict-Plattform zukunftsweisend sein und den Studienstandort Deutschland stärken.

Hierdurch wird auch kleineren und peripher gelegenen, mit dem iTZ Ruhr und dem RUCCC kooperierenden Krankenhäusern die Möglichkeit gegeben, Patienten einer molekularen Diagnostik zuzuführen und ihren Patienten interventionelle Therapiekonzepte zu ermöglichen. Neoadjuvante Therapiekonzepte werden ebenfalls diskutiert. Die oben angeführten Organisations- und Forschungsstrukturen haben letztlich dazu geführt, dass die ATOMIC-Studie, als erste über das National Cancer Institute (NCI) geförderte Studie in Deutschland, die Patienten über Colopredict Plus 2.0 screenen und rekrutieren wird. Frau Prof. Dr. Reinacher-Schick wurde hier als Leiterin der klinischen Prüfung (LKP) eingesetzt.

Weitere interventionelle Studienprojekte, die Colopredict Plus 2.0 in den Screening-Prozess einbinden sind.

  • CIRCULATE (LKP Prof. Folprecht, Dresden). Evaluierung der adjuvanten Therapie beim Dickdarmkrebs im Stadium II nach ctDNA-Bestimmung (CIRCULATE), AIO-KRK-0217; EudraCT Nr. 2018-003691-12
  • NeoBRAF-Studie (in Einreichung, LKP PD Dr. Stein, Hamburg
  • AIO-KRK-0220 ANTONIO (adjvuante Behandlung bei hochgradiger Mikrosatelliteninstabilität)
  • ATOMIC-Studie (AIO-KRK-0317/ A021502, EudraCT-Nr.: 2019-003562-40 (s.o, LKP Prof. Reinacher-Schick)

Bei zunehmenden Verständnis für die molekularpathologischen Prozesse und die Heterogenität innerhalb einer Tumorentität sind gezielte therapeutische Interventionen und individualisierte Risikostratifizierungen bei Patienten in naher Zukunft absehbar und können, insbesondere im Bereich der gastrointestinalen Neoplasien, durch die oben angeführten Strukturen maßgeblich mitbestimmt werden.

Abb. 1: Planung nationaler und internationaler Projekte mit Screening über die Colopredict (CPP)-Plattform

Verknüpfung neuer Methoden in der klinischen Anwendung (Translationale Forschung)

Im Kompetenzbereich Biospektroskopie werden charakteristische vibrationsspektroskopische Biomarker identifiziert, um die Diagnose und Einstufung onkologischer Krankheitbilder zu automatisieren. Ein Vibrationsspektrum stellt aufgrund seiner hohen Sensitivität und der kumulativen Erfassung aller enthaltenen Substanzen ein vollständiges biochemisches Abbild – gleich einem Fingerabdruck – der Gewebeprobe dar.

Spektroskopie in der Krebsforschung

Gewebeproben werden mit IR- (InfraRot) und Raman-spektroskopischen Methoden analysiert. Es werden sowohl ortsaufgelöste mikrospektroskopische Ansätze als auch Punktmessungen mit Fasersonden durchgeführt.

Diese automatisierte und probenschonende Methodik erlaubt auch an kleinen Biopsien eine Diagnostik, ohne die Probe für nachfolgende Untersuchungen, wie beispielsweise Proteomanalysen, zu zerstören (Großerüschkamp et al Scientific Reports 2017). Im Fokus der Forschung im Kompetenzbereich Biospektroskopie stehen dabei Darm-, Blasen- und thorakale Tumoren (z. B. Lungenkrebs).

Unter translationaler Forschung werden Forschungsaktivitäten, die die Integration von Grundlagenforschung, patientenorientierter Forschung und auf Populationen basierender Forschung fördern zusammengefasst. Um diese Ziele umzusetzen wird die Methode der Biospektroskopie in der ARBEITSGRUPPE TRANSLATIONALE FORSCHUNG als eine der zentralen Methoden im translationalen Begleitprogramm für klinische Studien geplant. Ziel ist es die Methode entitätsübergreifend zu validieren und zukünftig auch in der praktischen Anwendung zu etablieren.